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Snøhetta eröffnet mit dem Powerhouse Telemark das nachhaltige Büro der Zukunft

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Das auskragende Obergeschoss maximiert die Dachfläche. (Foto: Ivar Kvaal)

Modellprojekt im doppelten Sinne: Mit dem ambitionierten Powerhouse Telemark führt Snøhetta vor, wie energiepositives Bauen geht – und warum die Zukunft von Büros in der permanenten Rekonfiguration liegt. Das Ergebnis: ein rundum gelungener Arbeitsplatz!

Von Andreas Kühnlein

Die Zukunft der Arbeit wird im hohen Norden gemacht, und es ist eine strahlende – der Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man sich die Powerhouse-Initiative vom Snøhetta ansieht. Gerade wurde der jüngste Bau der Serie fertig, ein energiepositives Bürogebäude in der norwegischen Telemark-Provinz. Über seine gesamte Lebensdauer von mindestens 60 Jahren soll das Powerhouse Telemark in Porsgrunn mehr Energie erzeugen, als der Bau verbraucht, und zwar inklusive der CO₂-Bilanz von Konstruktion, Abriss und sämtlichen verbauten Materialien. Dafür sind die komplette Südostseite und das geneigte, auskragende Dach mit Solarzellen bestückt, die im Jahr 256.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. An den übrigen Fassaden spenden hölzerne Balustraden vor den hocheffizient isolierten Wänden Schatten, das Betonskelett darunter fungiert als thermische Masse, und für den nötigen Temperaturaustausch sorgt ein Wasserkreislauf mit geothermischen Brunnen.

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Powerhouse Telemark produziert über seine Gesamtlebensdauer mehr Energie, als Bau, Betrieb und Recycling insgesamt verbrauchen. (Foto: Ivar Kvaal)

„Hier und jetzt müssen wir uns überlegen, wie unsere Arbeit nicht nur den Menschen, sondern auch andere Spezies auf diesem Planeten beeinflusst“, sagt Snøhetta-Gründer Kjetil Trædal Thorsen. Der Klimawandel erscheine vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie vielleicht weniger akut, er sei aber eine zentrale Verantwortung von Architekten und Gestaltern, die sich mit unserer gebauten Umwelt beschäftigen.

Nachhaltigkeit, davon sind die Architekten von Snøhetta überzeugt, darf sich allerdings nicht allein auf Energiehaushalt und Materialwahl beschränken: Der vielleicht wichtigste Faktor, der ein Gebäude nachhaltig, d.h. wirklich dauerhaft werden lässt, ist die Möglichkeit, es immer wieder neuen Anforderungen anzupassen und in diesem Sinne zeitlos zu machen – die ständige Transformation seiner selbst. Und die setzen die Gestalter mit einem ausgeklügelten Interiorkonzept fort.

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Im Inneren setzt Snøhetta auf offene, flexible und vielfach nutzbare Räume – hier die Kombination von Bar und Rezeption im Entrée. (Foto: Ivar Kvaal)
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Auch die Möbel bestehen großteils aus recycelten Materialien und sind über das gesamte Gebäude hinweg weitgehend standardisiert. (Foto: Ivar Kvaal)

Auch im Inneren beschreitet der Entwurf von Snøhetta konsequent neue Wege und reagiert auf vielfältige auf die sich aktuell abzeichnenden Veränderungen in unserer Art zu arbeiten. Neben klassischeren Bürozonen hält das Haus eine „Barception“ bereit, dazu Co-Working-Spaces, ein Restaurant, gemeinsame Meetingräume und eine Dachterrasse mit Blick über den Fjord. Orte also, die verschiedenste Formen von Zusammenarbeit unter einem Dach möglich machen und immer wieder neue Konfigurationen erlauben; Teams, die sich wie ein lebendiger Organismus ausdehnen und wieder zusammenziehen können. Ihnen gibt das Raumkonzept buchstäblich Luft zum Atmen. Durchs ganze Haus hinweg weitgehend standardisierte Elemente aus recycelten Materialien ermöglichen es den Mietern nämlich, ihre Räumlichkeiten ohne großen Aufwand immer wieder umzustrukturieren und neu zu programmieren, mal zu erweitern, mal zu komprimieren. Etwa, um flexibel auf den Arbeitsplatzbedarf ihrer Mitarbeiter im Zeiten von Remote Work zu reagieren. Die einzelnen Bauteile, von der Trennwand bis zum Küchenmodul, können dabei immer wieder verwendet werden, so dass auch größere Veränderungen im Inneren keinen Abfall produzieren werden.

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Die eigenwillige Form fügt der Industriestadt Porsgrunn nicht nur ein ikonisches Gebäude hinzu, sondern optimiert auch die Sonnenausnutzung des Baus. (Foto: Ivar Kvaal)

„Powerhouse“ ist eine gemeinsame Initiative von Snøhetta, R8 Property, Skanska and Asplan Viak; Powerhouse Telemark setzt die Reihe nach den Schwesterbauten Powerhouse Kjørbo, Powerhouse Montessori und Powerhouse Brattørkaia als Plusenergiebau mit ähnlichem Konzept fort und ist BREEAM-zertifiziert.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei AD Architectural Digest.

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Den Bedarf an künstlichem Licht minimiert Snøhetta durch ein ausgeklügeltes Beleuchtungskonzept und viel Tageslicht. (Foto: Ivar Kvaal)
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Co-Working mit Blick auf den Fjord. (Foto: Ivar Kvaal)
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Zum Raumkonzept gehören neben klassischen Büroarbeitsplätzen auch Co-Working-Spaces und Restaurant. (Foto: Ivar Kvaal)