Die Entgrenzung der Arbeit: Good Vibes only!

Neue Orte mit Wow-Effekt folgen der raumzeitlichen Entgrenzung unserer Arbeitsumfelder – und setzen den Menschen und das Schöne an die erste Stelle.
Entgrenzung von Arbeit – so fördern Orte die Kreativität
Im Frühjahr 2022 werden wir das Projekt Marina in Berlin eröffnen. Für uns steht das Areal für eine Form von Wildnis. Nicht im Sinne von unkultiviert oder unbewohnt, sondern im Sinne von Freiheit und Bewegung. Zwischen den Industriegebäuden und dem Wasserareal der Rummelsburger Bucht entsteht ein kreativer Campus an der Schnittstelle von Wohlbefinden, Lebensart und Nachhaltigkeit im derzeit dynamischsten Kulturviertel Berlins. Ein Mix aus Architektur, Geschichte und Natur und ein Idealquartier für zukunftsweisende Arbeitsumfelder. Auf dem Gelände des ehemaligen Städtischen Flussbades Lichtenberg, einer öffentlichen Badeanstalt aus der Weimarer Zeit, mischt sich langsam und organisch Industrielles mit Natürlichem und Zukunft mit Vergangenem. Der Ort ist so vielschichtig, dass er einen Namen braucht, der nicht direkt impliziert, was einen erwartet. Im Moment spielen wir mit der Begrifflichkeit einer Marina, denken aber weiterhin über Varianten nach. Unser Ziel ist es, dass dieser Ort zum Denken animiert, Neues eröffnet und Platz für Ideen schafft. Zukunftsorte müssen, wie Gewächshäuser für Entfaltung werden. Diese Potenziale aufzudecken, bedeutet, dass mehr Schönheit benötigt wird. Es bedarf der Schönheit und einer menschenfreundlichen Planung der äußeren Räume. Es geht wirklich darum, Umgebungen zu schaffen, die uns als Einzelnen und auch als Gemeinschaft wachsen lassen.


„Zukunftsorte müssen Gewächshäuser zur Entfaltung werden. Das bedeutet, dass mehr Schönheit benötigt wird.“

Das ist es, was wir in Zukunft brauchen, um nachhaltig und gut zu leben und zu arbeiten. Wir möchten mit Slow Orte schaffen, die eine persönliche Haltung zum Ausdruck bringen. Begegnung, Leben, Arbeiten, Gastlichkeit und Austausch brauchen kurze Wege und sollten sich organisch miteinander verbinden lassen. Ein wesentlicher Faktor sind die Geschichten, die die bestehenden Gebäude erzählen. Ich denke, dass Geschichte respektiert werden muss; ich mag, wenn einiges unangetastet bleibt, die Brücke zwischen Bestand und Zukunft raffiniert und innovativ geschlagen wird.
So formen wir Destinationen, die bis ins Detail der Philosophie von Slow entsprechen: Orte des Interesses, des Eintauchens, der ganzheitlichen Gesundheit, der Kultur und handwerklichen Traditionen. Flexibel nutzbare Räume, weitläufige Büros, geräumige Ateliers, „Ritualraum“ und Gästequartiere, Gastronomien und Veranstaltungsflächen. Dazu gehört auch ein Programm, gehören öffentliche und private Veranstaltungen, kleine Konzerte und Ausstellungen sowie Körper-Geist-Praktiken. So entsteht eine Herberge für diejenigen, die sich inspirieren lassen wollen. Alles, was einem gut tut, liegt hier ganz nah.
„Die Arbeitsorte der Zukunft dienen allen, die sich inspirieren lassen wollen. Alles, was einem gut tut, liegt hier ganz nah.“
Gemeinschaften pflegen
Ich bin viel durch die unterschiedlichsten Kulturen auf der ganzen Welt gereist, habe viele Orte in der Entstehung kennengelernt und weiß, was es heißt, Traditionen zu kultivieren, zu beleben oder Altes zeitgemäß zu revitalisieren. Inzwischen geht es nicht mehr darum, größer, weiter und extremer zu planen, schneller und immer effektiver zu werden, sondern es geht um das Pflegen von Althergebrachtem, von Gemeinschaften, auch im Sinne von Nachbarschaften. Es hat sich ein spürbarer Wertewandel vollzogen: die Reduktion auf das Wesentliche, um wieder Bestimmer über seine eigene Zeit zu sein. Die Essenz für unsere Zukunft ist das langsame Leben. Entschleunigung meint, der Seele wieder Heimat zu geben sowie die Rückgewinnung von Zeit, um in die Tiefe zu gehen und sich wieder Dingen und Tätigkeiten zu widmen, die Freude und Sinn stiften. Damit einhergehend beginnt das Suchen nach neuen Formen raumzeitlicher Entgrenzung – besonders in unseren Arbeitsumfeldern. Ich komme nochmal auf den Vergleich mit dem Gewächshaus zurück. Es geht wirklich darum, Umgebungen zu schaffen, die den einzelnen Menschen wachsen lassen. Dies ist auf Lernen, auf Innovation, auf Selbstverwirklichung und vieles mehr zu beziehen. Es ist das Unerwartete, kombiniert mit dem Vorhersehbaren, die Extravaganz, die auf Alltägliches trifft, und die Kunst, diese Kontraste zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen. Das ist der Blick in die Zukunft des Arbeitens.


„Es ist das Unerwartete, kombiniert mit dem Vorhersehbaren, die Extravaganz, die auf Alltägliches trifft, und die Kunst, diese Kontraste zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen.“
Orte, die wenig Licht und Luft, schlechten Kaffee und zuckrige Snacks bieten, haben ausgedient. Feinsinnigkeit und Behaglichkeit haben auch im Neudenken von Arbeitsumfeldern einen enorm wichtigen Stellenwert erreicht. Begrenzte Räume, Zeiten entgegen dem persönlichen Biorhythmus entsprechen nicht mehr unseren Bedürfnissen. Der Schlüssel zu all dem ist denkbar simpel: nur ein gesunder Mensch, körperlich wie geistig, ist ein produktiver Mensch. Es geht um das Auflösen herkömmlicher Situationen, um gemeinschaftliche Ideenfindung, die Suche nach Identität und um das sich gegenseitige Bedingen und Beflügeln.
Entgrenzung statt Ortlosigkeit
Das Gefühl, von überall arbeiten zu können, haben wir ja im letzten Jahr kennenlernen und kultivieren dürfen. Als CEO von Design Hotels bin ich früher viel durch die Welt gependelt und durfte in unseren Projekten oft monatelang weit weg von unseren Büros arbeiten und Teams führen. Ich merkte, dass ich es von überall konnte, und begann darüber nachzudenken, Konzepte für das zukünftige Arbeiten von Teams an unterschiedlichen Plätzen zu entwickeln.
Bei allen Vorteilen, die diese Flexibilität bietet, wurde jedoch klar, dass Raum und Interaktion mit anderen unabdingbar sind, um Unternehmenskulturen zu kreieren und zu erhalten. Die Situation, in der wir uns jetzt befinden, schärft den Blick für das Wesentliche und für die Verbindungen zu anderen Menschen. Wir befreien uns von unnötigem Ballast und optimieren die Reduktion, stellen die Urbanität in Frage und verlegen unseren Wohnsitz – wenn möglich – in die Suburbanität oder ganz raus aufs Land.
Im Zentrum der Mensch selbst
Mit dem Projekt Marina gehen wir auf das Bedürfnis nach entspanntem Arbeiten in inspirierender Atmosphäre durch und durch ein – für uns ist sie der Inbegriff zukunftsweisender Arbeitsumfelder. Hier gibt es Räume, die flexibel nutzbar sind und von unterschiedlichen Mietern und Gästen bespielt werden können, sowie die unmittelbare Nähe zur Natur. Humane, menschzentriert gestaltete Räumlichkeiten tragen zu einer Kultur der Kooperation und des Austausches bei. Ob lokale Künstler, Handwerker, kreative Denker, Kulturschaffende oder Reisende aus aller Welt – genau das ist es, was unsere Gemeinschaft sucht. Für sie geht es um weit mehr als Zusammensein und Austausch; im Vordergrund steht die Auffassung, dass eigenes Handeln das Wohl der Gemeinschaft bedingen soll und jegliche Aktivitäten, wie Arbeiten, Gestalten und Reisen, zweckmäßig, generationen-bedacht und sinnhaft sein sollen. Dieser Gemeinschaft bieten wir mit derartigen Orten einen Platz zum Sein und Wirken. Es entstehen Beziehungen, die vielleicht nicht in erster Linie zur Arbeit direkt gehören, jedoch unsere Inspiration und Freude an ihr stärken. Beim guten Essen mit einem Nachbarn aus einem komplett anderen Tätigkeitsfeld und einem angeregten Gespräch kommen wir wieder auf neue Ideen.
Gerade planen wir ein vertikales Gewächshaus aus Containern, in dem Salat angepflanzt wird. Essen kann man ihn im Restaurant nebenan, aber auch die Nachbarschaft darf sich mit unserem Gemüse eindecken. Das ist es was Arbeitsorte in Zukunft brauchen: Gastlichkeit, Wahrhaftigkeit und gute Vibes.
