Coworking in der Remise – Neuinterpretation im Bestand von Jan Wiese

Mit einer zeitgenössisch interpretierten Remise werden in Berlin Wohnen und Arbeiten zu unmittelbaren Nachbarn.
Von Tanja Pabelick
Digital arbeitende Kreative sind flexibel und dynamisch, sie brauchen Raum, Licht und Luft. Damit stellen sie ganz andere Anforderungen an ihre Arbeitsorte als etwa ein Handwerker. In Berlin haben Jan Wiese Architekten das Nutzungskonzept einer Gewerbe-Remise ins Jetzt überführt und ein offenes Layout fürs professionsübergreifende Coworking geschaffen.

Eine urbane Remise machte um die vorletzte Jahrhundertwende aus einem Wohnblock einen mitunter eigenständigen Mikrokosmos. Während zur Straßenseite gewohnt wurde, hatten Schlosser, Schreiner oder Bäcker an der rückwärtigen Grenze der Wohnparzelle ihre Werkstattgebäude. Diese Idee einer hyperlokalen Mischnutzung ging irgendwann verloren und ließ oft nur das Wohnen zurück. Das Berliner Architekturbüro Jan Wiese hat gemeinsam mit Ralf Wilkening der alten Typologie ein Revival verpasst. Die Mieter ihrer Remise sind als Gestalter, Planer oder Programmierer typische Vertreter der Berliner Start-Up-Szene. Sie brauchen Studios, die sich dank flexibler Flächen schnell und unkompliziert auf ihre wandelnden Bedürfnisse einstellen. Jan Wiese hat deshalb die endgültige Ausgestaltung des Grundrisses den Nutzern übertragen. Mit Leichtbauwänden können sie den Großraum individuell unterteilen.


Die tragenden Außenwände wurden direkt vor Ort gegossen und dann in einer Hybridbauweise durch Elemente aus Fichte ergänzt. Dazu gehört auch die außergewöhnlich konstruierte Holzdecke. Sie kam vorgefertigt an die Immanuelkirchstraße im Prenzlauer Berg und wurde in Aussparungen des Betonskeletts eingehängt. Durch eine abschließende Betonschicht wird sie zum Boden der darüber liegenden Etage. Die raue Ästhetik und das Grau des Steins stehen im Kontrast zur organischen Qualität des Holzes und zeigen sich als gelungenes Beispiel für funktionalen Minimalismus.

Seine klare Couleur kommuniziert der Kubus auch nach Außen. Die gläserne Hülle wird von einem massiven Gitter aus Lärchenholzbalken strukturiert. Für einen verspielten Moment sorgen filigrane Metallgeländer im Stil der 50er. Sie machen die bodentiefen Fenster zu französischen Balkonen und bringen viel Luft und Licht in die Räume der drei Geschosse, die jeweils als individuelle Einheit an die Nutzer übergeben werden. Gemeinschaftsflächen bieten die knapp 80 Quadratmeter große Dachterrasse und die Küche im Souterrain. Hier finden die Mitarbeiter dann neben dem sozialen Anschluss auch den ins Grüne: Vor den Fenstern wird der abgetreppte Senkgarten zum Outdoor-Pausenraum.

